Der Deichweg befindet sich im Südwesten des Dorfes Wüsting und verläuft nördlich des Hemmelsbäker Kanals in westlicher Richtung.
Er beginnt am Ende des Wübbenhorstweges und stößt im Westen auf den Tweelbäker Weg in Neuenwege/ Oldenburg.

Dieser Weg ist anlässlich des Baues des Hemmelsbäker Kanals entstanden. Er verläuft auf der Deichkrone des Kanals und wurde wie alle Wege in früherer Zeit als Sandweg gebaut.

Wie kam es überhaupt zum Bau eines Kanals in diesem Gebiet?

Die Erschließung des „Hohen Moore“ vom Norden her begann um 1300 n. Chr. durch die Gründung des Dominikaner Nonnenklosters Blankenburg. Im Bereich südlich des Klosters siedelten sich einige Klosterverwalter (Klostermeier) an.
Weiter nach Süden, damals noch Bümmersteder Moor genannt, blieb die Landschaft jahrhundertelang unbewohnt.
Eine Änderung trat erst um 1798 ein, als Siedler sich in dieses Moorgebiet wagten, um es urbar zu machen. Die Herzogliche Kammer in Oldenburg stellte ihnen dazu Moorland zu Verfügung.
Allerdings wurde diese Siedlungstätigkeit durch die von 1810 bis 1813 bestehende
französische Fremdherrschaft eingeschränkt.
Danach ging es aber stetig weiter mit der Besiedlung in diesem Raum. Der sich jetzt
aber nach dem Flüsschen „Tweelbäke“ als Siedlungsort Tweelbäke nannte.

Um 1820 hatten die Tweelbäker Kolonisten immer größere Moorflächen entwässert um so die Kultivierung voran zu treiben.
Aber wo hin mit dem Wasser aus den kultivierten Flächen ? Natürlich nach Norden zur Hunte !
Als Entwässerung dienten in jener Zeit nur zwei Flüsse: die Tweelbäke im Westen und die Hemmelsbäke im Osten.
Diese beiden Flüsse führten ihr Wasser durch die Blankenburger Mark. Dies war aber den dortigen Bauern ein Dorn im Auge. Außerdem hatten die Blankenburger Siedler noch mit den Sturmfluten der Hunte zu kämpfen. Erschwerend war, dass der Brokdeich diese Wassermassen nicht aufhalten konnte, so dass auch das Wüstenland oft unter Wasser stand.

Aus dieser Situation heraus schlug der Sielgeschworene Gerhard Heinemann
am Neuenweg vor, einen Entlastungsgraben zu bauen.
Daraus entschloss sich 1830 das Deichamt Oldenburg einen Entwässerungs-
Kanal anzulegen.

Der Plan sah vor, das Wasser von der Geest auf zunehmen und über die
Hemmelsbäke und über den noch anzulegenden Kanal in westliche Richtung abfließen zu lassen. Ebenso sollte das Wasser der Tweelbäke in diesen Kanal geleitet werden.

Dieser Kanal sollte beim Heidenwall in die Hunte (bei der damaligen Brands Werft) einmünden.

Der Kanalbau begann im Bereich des heute noch vorhandenen Sandfanges. Hier hatte die Hemmelsbäke viel Sand aufgespült, der dann von den Bauern abgefahren wurde. Damals endete hier der Flusslauf der Hemmelsbäke.

Im Oktober 1830 wurde mit den Ausschachtarbeiten begonnen. Ein großes
Aufgebot an Unternehmern und Arbeitskräften aus der Umgebung sorgte für eine zügige Erledigung der Auftragsarbeiten. Bereits Anfang 1831 war der Kanal zum großen Teil fertiggestellt worden. An einigen Stellen musste noch nachgebessert werden, da das Moor sich als sehr schlammig erwies. Dadurch musste die Uferböschung teilweise erneuert werden.

Die Gesamtkosten für den Hemmelsbäker Kanal beliefen sich um 6000 Taler einschließlich Landerwerb und Brückenbau.

Das Deichamt in Oldenburg hatte bei diesem Kanalbau richtig kalkuliert. Die bisher großen Überschwemmungen blieben weitgehend aus. Das Moor- und Geestwasser der beiden Flüsse wurde nun tatsächlich aufgefangen und der Hunte zugeführt.

Der Aushub, der beim Ausschachten des Kanals anfiel, wurde als Deich beiderseits aufgeschüttet.
An der nördlichen Seite des neuen Flusslaufs legte man gleichzeitig einen Sandweg an, der die bereits vorhandenen Siedlungsstellen erschloss. Der neue Weg diente auch gleichzeitig zum Loten des Uferbereichs.

Dieser neue Weg war schon damals als „Deichweg“ so bezeichnet worden.

Der bisherige Sandweg erhielt 1963/ 64 eine Betondecke.

Im Rahmen der Meliorationsmaßnahmen des Entwässerungsverbandes Wüsting wurde der Kanal nach der großen Flutkatastrophe von 1962 weiter ausgebaut.
Dazu wurde der Deich 1963 durch Sandentnahme aus dem Kanal und zusätzlicher
Sandanlieferung erhöht.

Die bisherigen hölzernen Brücken ersetzte man durch tragfähigere Betonbrücken,
z. B. die Brücke zum Kuhlmannsweg baute man 1984 neu in Stahlbeton.
Für den Fischbestand baute man Staustufen mit entsprechenden Treppen ein.

Dieser Kanal hat sich nach dem neueren Ausbau als sehr wirksam bewährt. Die landwirtschaftlichen Flächen in diesem Gebiet blieben trocken.

Erwähnenswert ist der Arensboom (Adlerbaum) am Hemmelsberger Kanal.
Er stand als einzelner Baum weithin sichtbar im früheren freien Moorgelände und spielte durch die Jahrhunderte als Richtzeichen eine besondere Rolle.
Graf Johann III. von Oldenburg markierte um 1330 n. Chr. die Grenzen des Landbesitzes des Klosters Blankenburg durch sog. Krüze (Kreuze).
Das „Westkrüz“ stellte er an der Tweelbäke (heute Hemmelsbäker Kanal als sichtbares Zeichen der Grenzmarkierung auf. Das „Ostkrüz“ stand bei Iprump.
Diese Grenzpfähle verschwanden dann im Laufe der Zeit.
Später wird von einem Arensboom berichtet, der um 1700 n. Chr. verfallen war.
1740 wird ein neuer Baum als Grenzpfahl erwähnt. Auch dieser verfiel mit der Zeit.
Die Heimatvereine Tweelbäke und Neuenwege pflanzten im Frühjahr 1952 einen neuen Baum.
Heute weist eine Hinweistafel des Heimat- und Bürgervereins Neuenwege e.V. auf die wechselvolle Geschichte des Arensbooms hin.

Anmerkung:
2012 hatte der Fischereiverein Wüsting in einem Flügel der Sieltoranlage unterhalb der Klambeckerbrücke (an der Holler Landstraße) eine Art Stoßdämpfer eingebaut. Diese „Bremse“ bezweckt eine Schließ – Verzögerung bei auflaufender Flut, damit Fische genügend Zeit haben, in den Kanal einzuschwimmen. Bereits 2008 hatte sich der Fischereiverein Wüsting Gedanken gemacht, wie Fische trotz Staustufe am Hemmelsbäker Kanal das Gewässer tideunabhängig wieder aufwärts ziehen können.
Mit dieser neu entwickelten Idee ist Wolfgang Mertins vom Landesfischereiverein
ermuntert worden, sich an dem Projekt „Wiederherstellung von Fischwanderungen zwischen Fluss und Meer zu beteiligen. Diese Konferenz fand am 14. und 15. November 2012 in Newcastle (England) dort hat Wolfgang Mertins sein Projekt vorgestellt. Es war ein Pilot-Projekt, dass es in dieser Technik bisher noch nicht
gegeben hat.

Literaturhinweise:

400 Jahre Neuenwege, von Willi Heinemann – 1952
NWZ vom 10. 11. 2012

Bericht: Siegfried Hoffmann mit Unterstützung durch Fritz Heinemann, Neuenwege