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Erster Zughalt liegt über 144 Jahre zurück – Hude-Wüsting

Dienstpersonal wohnte früher in obererer Etage – Unten gab es einen Warteraum

Das Bahnhofsgebäude ist im Laufe der Zeit erweitert worden. In seinem Wartesaal konnten Reisende einst Platz nehmen und Tickets kaufen.

Sonnabend, 21. Mai 1977, kurz vor 23 Uhr: Ein Zug nach Bremen fährt ein und hält. Fährt wieder los, und es wird still am Bahnhof Wüsting. Und zwar für sehr lange Zeit. Das Drängen des Bürgervereins Wüsting e.V. und das Ringen darum, dass die Bahn in Wüsting wieder einen Zughalt einlegt, hat Siegfried Hoffmann in einer dicken Kladde dokumentiert. Neben fein säuberlich eingeklebten NWZ  -Artikeln, die das jahrelange Hoffen der Bürger verdeutlichen, kann der Bezirksvorsteher auch alte Fotos des Bahnhofes vorweisen. Vor allem aber kann Siegfried Hoffmann erzählen, was sich im Laufe der Jahre gewandelt hat.

Wann genau das Bahnhofsgebäude gebaut worden ist, das weiß auch Hoffmann nicht. „Am 7. Juni 1865 war zumindest der erste Spatenstich für die Verbindung Oldenburg-Bremen im Drielaker Moor“, berichtet der Bezirksvorsteher. Die Bahnlinie ist dann am 15. Juli 1867 eröffnet worden – „und wenn da die Strecke schon intakt war, muss das Gebäude mit seinen technischen Einrichtungen schon früher entstanden sein“, überlegt der heimatgeschichtlich interessierte Hoffmann. Die Gleise waren 1,436 Meter breit, denn: „Das entsprach der Breite der englischen Kutsche“, sagt Hoffmann. Zunächst war die Bahnstrecke Oldenburg-Bremen eingleisig, erst ab 1904 baute man die Strecke zweigleisig aus.

„Hier waren der Warte- und der Schalterraum“, erzählt der Bezirksvorsteher beim Gang durch das Gebäude. An der Wand ist noch zu erkennen, wo einst der Durchbruch für den Fahrkartenverkauf gewesen sein muss. Im Obergeschoss des Gebäudes, das der Deutschen Bahn gehört, wohnt heute eine Familie. Früher befanden sich dort Wohnungen für das Dienstpersonal. Güterräume kamen 1881 zum ursprünglichen Gebäude hinzu. Die elektromechanische Stellwerksanlage, die noch heute in Betrieb ist, löste 1943 die Zentralweichenstellung ab, die der Bahnhof 1890 erhalten hatte. „1909 wurde das Empfangsgebäude erweitert – aber wie weit, das lässt sich nicht sagen“, sagt Siegfried Hoffmann. Eine Überführung aus Beton ermöglichte Fußgängern ab 1912, auf die andere Seite zu kommen. „1979 musste sie abgerissen werden, als die Bahnstrecke elektrifiziert wurde“, weiß der ehemalige Bürgervereinsvorsitzende. Dass es schon in den Fünfziger Jahren einen Fahrradstand gegeben hat, beweist eines der alten Fotos in Siegfrieds Hoffmanns Kladde. „Und es gab ein Toilettenhäuschen und eine Waschküche.“

„Als der Reisezugverkehr 1977 eingestellt wurde“, erzählt Hoffmann, „mussten circa 70 Wüstinger Pendler auf Bus oder Auto umsteigen. Die Bahn wollte lieber eine durchgehende Zugverbindung und nicht an jeder Milchkanne halten“, ärgert sich der Bezirksvorsteher. Viele Gespräche mit Vertretern von Bahn, der Gemeindeverwaltung und der Politik seien damals geführt worden. Ein Verkehrsgutachten eines Planungsbüros in Hannover und das Ergebnis einer Befragung der Bevölkerung forderten, dass der Bahnhof wieder geöffnet wird. Am 10. Dezember 2006 war es soweit: Die Wüstinger hatten ihren Zughalt wieder.

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