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Morgen feiert Wüsting die Wiedereröffnung seines Zughaltes. Der Ort ist seit fast 140 Jahren mit der Eisenbahn verbunden.
Bericht von Kristian Klooß (NWZ-Online am 09.12.2006)
Dass ab Sonntag wieder Züge in Wüsting halten, ist den Bürgern des Ortes eine Feier wert. Denn lange haben sie für ihren Zughalt gekämpft. Am Sonntag wird zugleich eine Wüstinger Tradition fortgesetzt. Denn schon im 19. Jahrhundert hielten hier die ersten Lokomotiven.
Schon 1840 hatte der Oldenburger Gewerbe- und Handelsverein gefordert, ein Eisenbahnnetz im Großherzogtum Oldenburg aufzubauen. 24 Jahre später führten Verhandlungen über den Bau einer Bahnstrecke zwischen Oldenburg und Bremen zum Erfolg. Als kürzeste und kostengünstigste Variante für eine Schienenstrecke zwischen beiden Städten wurde damals der Weg über Drielake, Neuenwege, Wüsting, Reiherholz, Hude und Delmenhorst ausgewählt. Nach dem ersten Spatenstich im Juni 1865 wurde die eingleisige Bahnverbindung nach vierzehnmonatiger Bauzeit fertiggestellt.
Am Sonntag, 14. Juli 1867, erfolgte die feierliche Probefahrt der Großherzoglich Oldenburgischen Eisenbahn. Die Abteile waren damals noch nicht beheizt. Der Einbau von Torföfen erfolgte erst später. Ein durch das Waggondach geführtes Rohr sorgte dann für den Rauchabzug.
Waren es im ersten Jahr noch 155, wurden im Jahr 1895 schon 3590 Reisende am Wüstinger Bahnhof abgefertigt. Mit den Jahren wurde die Bahnstrecke zweigleisig ausgebaut – 1904 war das Teilstück Oldenburg – Wüsting – Hude an der Reihe. 1911 wurde im Bahnhofsbereich ein drittes Gleis gelegt. Ein Jahr später sorgte eine Brücke dafür, dass Bürger die Gleise gefahrlos überqueren konnten.
Nach dem Ersten Weltkrieg wurde das Netz der Großherzoglich Oldenburgischen Eisenbahn in das der Deutschen Reichsbahn eingegliedert. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die westdeutschen Eisenbahnen zur „Deutschen Bundesbahn“.
Nicht nur der Name, auch die Rahmenbedingungen änderten sich. Da „der Personenverkehr in der Fläche gegenwärtig weder einer modernen Verkehrsbedienung noch den betriebswirtschaftlichen Vorstellungen der Deutschen Bundesbahn und den Leistungsvermögen des Bundeshaushaltes entspricht“, entschied sich die Bundesbahn seit den Sechziger Jahren dafür, Zughalte abzuschaffen. Diese Maßnahme traf im Jahr 1977 auch Wüsting. Der letzte Personenzug verließ den Bahnhof am 21. Mai 1977.
Dieser Einschnitt war schmerzvoll für die rund 70 Wüstinger Bahnpendler. Eine Busverbindung nach Oldenburg war lediglich über die alte B 75 möglich. So waren viele gezwungen, auf Autos umzusteigen. „Wir Wüstinger blieben auf der Strecke“, erinnert sich der ehemalige Vorsitzende des Bürgervereins, Siegfried Hoffmann. „Also haben wir für die Wiedereinführung des Zughaltes gekämpft“, sagt der 68-Jährige. Viele Stellungnahmen haben er und seine Mitstreiter geschrieben, zahlreiche Gespräche mit Bahnvertretern wurden geführt.
Zwar mussten noch weitere Rückschläge verkraftet werden – zum Beispiel der Abriss des Mittelstücks der alten Fußgängerbrücke im Jahre 1979. Am Ende hat sich der unermüdliche Einsatz aber gelohnt. „Der Antrag auf Wiedereröffnung, den wir im Jahre 1992 gestellt haben, war erfolgreich“, sagt Siegfried Hoffmann. Die endgültige Zusage gab die Deutsche Bahn AG im März 2004.
Am Sonntag dreht sich alles „Rund um die Eisenbahn“
Der Weihnachtsmarkt in Wüsting beginnt morgen um 12 Uhr. Im Bereich Raiffeisenstraße/Buswendeplatz werden dann eine Kindereisenbahn und eine Straßenbahn ihre Runden drehen. Die Deutsche Bahn und der Bürgerverein Wüsting e.V. werden über die Bahnstrecke Oldenburg-Bremen informieren. Das Jugendzentrum Wüsting wird u. a. ein Dosenwerfen veranstalten und die Treckerfreunde Wöschenland eine Ausstellung zeigen. Auch der Weihnachtsmann wird zu Gast sein. Berliner, Süßes, Bratwurst und Glühwein gibt es ebenfalls. Das Clubzimmer im Wüstenlander Hof wird zum Ausstellungsraum für eine Modelleisenbahn von Kindern für Kinder. Außerdem wird der Kindergarten Wüsting eine Holzeisenbahn aufbauen.
Der Zughalt wird am Sonntag um 12.30 Uhr eingeweiht.Die Werbegemeinschaft Wüsting veranstaltet von 12 bis 18 Uhr einen Tag der offenen Tür.