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Wüstinger Bahnhof – Anstoßen auf zehn Jahre Zughalt

Wüsting entwickelt sich prächtig. Ein Grund ist sicherlich der Zughalt. Nur acht Minuten sind es bis Oldenburg.

Es war am 21. Mai 1977, als der letzte Zug am Bahnhof Wüsting hielt. Die Lokführer ignorierten seitdem den Ort an der seit fast 140 Jahren existierenden Bahnlinie Oldenburg-Bremen und brausten einfach hindurch.

Bürger, Vereine und Politiker haben seitdem für die Wiedereröffnung des Zughalts gekämpft. Diese Bemühungen wurden erst nach fast 30 Jahren von Erfolg gekrönt. Am 10. Dezember 2006 wurde der Bahnhof Wüsting wieder zur Haltestelle im Nahverkehr. Das ist jetzt zehn Jahre her.

„Es war damals eine sehr lange Wartezeit bis zum Erfolg“, so der Vorsitzende des Bürgervereins Wüsting, Friedolf Evers. Die Wüstinger hätten aber nie aufgegeben, auch wenn Rückschläge zu verzeichnen gewesen seien. „Es gab viele Enttäuschungen“, so Evers. Umso größer sei die Freude gewesen, als es endlich soweit war.

Über 1,7 Mio. investiert

Vor der Wiederinbetriebnahme des Wüstinger Bahnhofs 2006 im Zuge des Erneuerungsprogramms „Niedersachsen ist am Zug“ haben das Land Niedersachsen (1,2 Millionen Euro) und die DB Station & Service (400 000 Euro) kräftig investiert. Auf einer Länge von jeweils 210 Metern wurden zwei Bahnsteige neu angelegt und an aktuelle Einstiegshöhen angepasst. Die Bahnsteige wurden barrierefrei erschlossen. Neue Wetterschutz-Häuschen wurden gebaut.

Attraktivität gesteigert

Die Gemeinde Hude nahm 2006 rund 130 000 Euro in die Hand, um das Bahnhofsumfeld mit Parkflächen und Fahrradstellplätzen herzurichten. Die Erwartung war, dass sich die Attraktivität Wüstings als Wohnstandort vor den Toren Oldenburgs weiter erhöht. Das ist in der Tat auch so eingetreten.

„Wir sind froh, dass wir den Bahnhof haben“, stellt Torsten Becker, Vorsitzender der Werbegemeinschaft Wüsting, fest. Von dem Zughalt profitierten viele Menschen, die Mitarbeiter und die Kunden der Wüstinger Unternehmen zum Beispiel, oder viele Schüler aus dem Ort.

23 Nahverkehrszüge

Becker verweist auf die Agrar- und Freizeitmesse Landtage Nord, die jedes Jahr im August um die 70 000 Besucher anzieht. Sie können bequem die Bahn nutzen. Der Bahnhof liegt nur wenige Schritte von einem der Haupteingänge der Messe entfernt.

Viele Neubürger seien gerade deshalb nach Wüsting gezogen, weil sie eben die guten Zugverbindungen nutzen können, sagt Torsten Becker.

2955 Einwohner hatte Wüsting, inklusive Umland, im Jahr 2005. Aktuell sind es knapp 3300, weiß Friedolf Evers zu berichten. Die gute Zugverbindung habe mit zu der großen Baulandnachfrage beigetragen. Die Fahrtzeit von Wüsting nach Oldenburg beträgt gerade mal sieben bis acht Minuten. Von Wüsting nach Bremen sind es um die 32 Minuten. Insgesamt sind es jeweils 23 Nahverkehrszüge der Nordwestbahn (RS 3) in beiden Richtungen. „Im Stundentakt“, so Werbegemeinschaftsvorsitzender Becker.

Keine große Feier

Mitglieder der Werbegemeinschaft und der Sportfreunde Wüsting waren am 10. Dezember 2006 übrigens mit die Ersten, die den neuen Zughalt ausprobierten. Bereits um 1.13 Uhr stiegen sie aus der Regionalbahn, die aus Richtung Bremen einfuhr. Angetreten hatten sie ihre Fahrt nach Bremen noch in Hude. Zu so später Stunde bevölkerten viele Wüstinger den Bahnsteig, weil sie sich den ersten Zughalt nach mehr als 30 Jahren nicht entgehen lassen wollten. Am nächsten Tag wurde richtig groß gefeiert.

Eine Feier zum zehnjährigen Bestehen werde es nicht geben, berichtete Bürgervereinsvorsitzender Evers.

 

Bahnhof besteht fast 150 Jahre – Knapp drei Jahrzehnte gab es keinen Zughalt

Der Bahnhof in Wüsting hat eine fast 150-jährige Geschichte. Verhandlungen über den Bau einer Bahnstrecke zwischen Oldenburg und Bremen ergaben im 19. Jahrhundert als kürzeste und kostengünstigste Variante eine Schienenstrecke zwischen beiden Städten über Drielake, Neuenwege, Wüsting, Reiherholz, Hude und Delmenhorst.

Im Juni 1865 wurde die eingleisige Strecke nach vierzehnmonatiger Bauzeit fertiggestellt. Am Sonntag 14. Juli 1867 gab es eine feierliche Probefahrt der Großherzoglich Oldenburgischen Eisenbahn. Es folgte später der zweigleisige Ausbau. Das Teilstück Oldenburg – Wüsting – Hude war 1904 an der Reihe. Im Wüstinger Bahnhofsbereich wurde 1911 ein drittes Gleis gelegt. 1912 wurde eine Brücke gebaut, damit die Leute gefahrlos die Bahngleise überqueren konnten. Aus der Großherzoglich Oldenburgischen Eisenbahn wurde die Deutsche Reichsbahn und nach dem Zweiten Weltkrieg die Deutsche Bundesbahn. Die Deutsche Bahn sah den Personenverkehr in der Fläche als nicht rentabel an. Zughalte wurden nach und nach abgeschafft.

Im Jahr 1977 blieb auch Wüsting auf der Strecke. Viele Bahnpendler aus Wüsting waren gezwungen aufs Auto umzusteigen, weil die Busverbindung nach Oldenburg nur über die alte Bundesstraße 75 möglich war, wie zur Wiedereröffnung 2006 der ehemalige Bürgervereinsvorsitzende Siegfried Hoffmann in einem NWZ -Bericht erzählte.

Die Wüstinger haben unermüdlich gekämpft, um ihren Zughalt wiederzubekommen. Es wurden viele Stellungnahmen verfasst, zahlreiche Gespräche mit Bahnvertretern und Politikern geführt. Der Antrag auf Wiedereröffnung, den die Wüstinger im Jahre 1992 gestellt hatten, wurde von der Bahn im März 2004 befürwortet.

Am 10. Dezember 2006 wurde der Zughalt Wüsting mit Dr. Wolf Gorka von der Landesnahverkehrsgesellschaft wiedereröffnet. Unter großer Beteiligung der Bevölkerung fand ein großes Fest rund um den Bahnhof statt.

Klaus Derke (Text und Bild) für NWZ Online vom 09.12.2016:

http://www.nwzonline.de/oldenburg-kreis/wirtschaft/anstossen-auf-zehn-jahre-zughalt_a_31,1,4267412171.html

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