Die Straßenbezeichnung „Beim Wall“ ist ein alter Flurname im heutigen Bereich des Bebauungsplanes Nr. 74: südlich der Bahnlinie, Hauptstraße.

Flurnamen entstanden schon früh in einer Zeit der beginnenden Besiedlung – hier im Wüstenland etwa im 12. Jahrhundert.
Die damaligen Siedler haben ihre urbar gemachten Ländereien mit Namen versehen, um diese Flächen unterscheiden zu können. Dabei berücksichtigte man landschaftliche Unterschiede der natürlichen Umgebung, z. B. Heide, sumpfiges Ödland. Auch auf die Bodenbeschaffenheit wie Lehm, Moor, Geest wurde Bezug genommen.
Daneben sorgten die Flurnamen auch für rechtliche Grundlagen, wobei die Besitzverhältnisse eine Rolle spielten.

Anmerkung:
In das kultivierte Land trieben die Wüstinger ihr Vieh in ihre gemeinsame Weide, die sie „Wösch“ nannten. Diese Weidegerechtigkeit teilten sie sich mit Linteler Bauern.
Aber mit den Nachbarn gab es oft Streit, der urkundlich erstmals 1535 gerichtlich zugunsten der Wüstinger entschieden wurde.
Der Höhepunkt der Streitigkeiten war dann 1578 erreicht. In diesem Jahr reichten die Linteler Bauern eine Beschwerde an ihren Landesherren Graf Anton von Delmenhorst ein. Aber leider kamen sie mit ihrer Beschwerde über die Nutzung der Weidegründe um ein Jahr zu spät. Im Jahre 1577 hatte Graf Anton infolge Erbteilung die Herrschaft Delmenhorst, einschließlich Lintel übernommen.
Sein älterer Bruder Graf Johann bekam die Grafschaft Oldenburg einschließlich Wüsting – und die Weidegründe lagen nun mal auf Wüstinger Gebiet.
In dieser Urkunde – vom 29. August 1578 – wird auch zum ersten Mal der Name „Wüsting“ als Siedlungsort erwähnt.

Ursprünglich hatten die Oberhausener Hausleute diese Flächen im Besitz, die aus dem Ödland brauchbares Weideland schufen. Aber sie zogen sich wohl damals allmählich aus diesem Gebiet zurück und überließen es den Wüstinger Kötern.
Das erwähnte ursprüngliche Ödlandgebiet erstreckte sich aus heutiger Sicht etwa südlich der Bauernschaft Grummersort – Straße „Auf der Striepe“, um einen Anhaltspunkt zu haben – bis etwa zur Straße „Ströhenweg / Lemmel.
Die Aufteilung der Wüstinger Gemeindeweide erfolgte im Jahre 1865. Die Notwendigkeit der Aufteilung war auch deshalb gegeben, da sich schon um 1862 die Großherzogliche Oldenburgische Eisenbahn sich mit der Planung der Trassenführung durch dieses Gebiet befasste.

Zurück zum Flurnamen „Beim Wall“.
Der Begriff Wall ist für das oben erwähnte Gebiet vermutlich als Abgrenzung – z. B. gegenüber dem Dorf Lintel – anzusehen.
Anzunehmen ist daher, dass es sich bei diesem Grenzzeichen auch um eine Wallhecke handeln könnte.

Jedenfalls deutet der Flurname „Beim Wall“ auf eine Weidefläche hin, die vorher entweder von den Oberhausener Hausleuten oder etwas später von den Wüstinger Kötern gerodet wurde. Als Nutznießer solch einer Weide grenzte man sich eben ab.
So ein „Wall“ könnte aus vorhandenen Baumwerk und Strauchwerk bestanden aben.
Eventuell dabei entstandene Lücken wurden wohl mit Sträuchern nach gepflanzt, so dass dann eine Wallhecke daraus entstanden sein könnte.
Dies ist aber nur eine Vermutung. Es gibt darüber leider keine Nachweise. Es ist der Versuch einer Erklärung, wie es damals mit einem Wall hätte aussehen können.
Feststeht, dass Wallhecken aufgrund dendrologischer Untersuchungen (wissenschaftliche Baumforschung) schon vor ca. 5000 Jahren als Bestandteile einer kultivierten Landschaft vorhanden waren.

Die damaligen Siedler in unserem Bereich werden sich schon etwas dabei gedacht haben, als sie ihr Flurstück mit diesem Namen versehen haben.

Literaturnachweise:
„Die Flurnamen“ aus dem Buch „Heimatkunde des Herzogtums Oldenburg“ von Pastor W. Ramsauer, 1913
„Das Wüstenland“ von Dr. H. Munderloh, 1981

Bericht: Siegfried Hoffmann, Wraggenort
Schriftlich Veröffentlicht im Bürgerbrief Nummer 84 vom Bürgerverein Wüsting e.V. im November 2013