Straßennamen in Wüsting
Die Hauptstraße
Diese Straßenverbindung von der Holler Landstraße bis zur Bremer Straße ist insgesamt 5 km lang.
Sie führt bei der Abbiegung in Höhe des Denkmals für die Gefallenen beider Kriege
zunächst nach Süden. Im Bereich der nächstfolgenden Kreuzung führt die Trasse kurz nach Westen. Nach einem Knick und dem Passieren des Bahnüberganges geht sie wieder
nach Süden und endet bei der ehemaligen Bundesstraße 75 (Bremer Straße).
Der lange Straßenabschnitt wurde in früherer Zeit von der Bevölkerung mundartlich
in drei Abschnitte unterteilt:
Der erste Teilabschnitt nach Süden bis zu heutigen Kreuzung Grummersorter
Dorfstraße hieß „Vogtsweg“.
Ab dieser Kreuzung bis über den Bahnübergang hinaus bis etwa zur früheren Schmiede
Günter Schütte wurde „Achternstraße“ genannt.
Der letzte Abschnitt bis zur Bremer Straße war früher als „Hahnenkampshöher Chaussee“
bekannt.
Offizielle Straßennamen gab es da noch nicht. Sie wurden erst ab 1972 nach dem Zusammenschluss mit der Gemeinde Hude eingeführt.
So erhielt die hier beschriebene Straße durch Ratsbeschluss der Gemeinde
Wüsting vom August 1971 ihren Namen.
Der Wegeabschnitt “Vogtsweg“ ist heimatkundlich von Bedeutung
Über den Brokdeich führte der Sommerweg der sog. Bremer Post direkt am Gut Brokdeich
vorbei. Es lag also nahe, dass Johann Mönnich als Besitzer des Gutes ein Teilstück des
Weges bis zum Achterdiek 1607 von den Wüstinger Bauern kaufte.
Johann Mönnich war da bereits Untervogt der Vogtei Wüstenland. Sein Sohn Rudolf
Mönnich wurde 1645 hauptamtlicher Vogt im Wüstenland. Dieses Amt wurde wiederum
seinem Sohn Johann Dietrich Mönnich vom Oldenburger Grafen Anton Günther übertragen.
Mit diesem Amtstitel der Mönnichs hieß dieser Wegeabschnitt seit jener Zeit „Vogtsweg“.
Natürlich ranken sich um diesen Privatweg viele Geschichten. Zumal die Mönnichs auf
Gut Brokdeich mit diesem Wegebesitz Zoll von den Bauern mittels eines Schlagbaumes
erhoben. Hier gab es sehr oft Streit über dieses Abkassieren vor allen durch den Sohn Georg Dietrich von Münnich (sein Vater wurde 1697 durch den dänischen König
Christian V. geadelt).
Gerade dieser Schlagbaum mit dem Kassieren des Wegegeldes war der (noch) dänischen
Regierung und ab 1711 dem Kurfürstentum Hannover ein Dorn im Auge.
Das Königreich Dänemark hatte sich mit der Durchführung des sog. Nordischen Krieges
(von 1700 – 1721) dermaßen finanziell übernommen.
Einen Ausweg sah die dänische Regierung darin, dass sie 1711 die Grafschaft Delmenhorst sowie u. a. die Vogtei Wüstenland an den welfischen Kurfürsten von Hannover verpfändete.
(Kurfürst Georg wurde 1714 König von England – somit waren die Wüstenlander indirekt auch „Untertanen“ des Königsreichs England, aber der Souverän blieb Dänemark)
Die Verpfändung dauerte 20 Jahre.
Die oben erwähnte Teilstrecke des Vogtsweges wurde 1727 an den Schulmeister Gerd Suhr und dem Schuljuraten Hinrich Wragge für 90 Taler verkauft.
Dadurch fiel auch die Erhebung des Wegezolls endgültig weg.
Eine weitere historische Begebenheit sei hier ebenfalls erwähnt:
Der Dänenkönig Christian VI. genehmigte die Einführung einer fahrenden Post.
Die Idee dazu hatte der Fürst Georg Albrecht von Aurich. Er schlug als Postweg eine
Kutschenverbindung von Holland über Aurich und Oldenburg nach Bremen vor.
Eröffnet wurde diese fahrende Postlinie Anfang 1734.
In unserem Siedlungsraum führte der Postweg von Oldenburg-Drielake- von Blankenburg zum Huntedeich bei Iprump. Hier folgte er dem Brokdeich nach Südosten. Hier kam er an der damaligen Punken Brake vorbei, um dann auf den heutigen Achterdiek zu stoßen.
Dieser Streckenabschnitt war Teil des Sommerweges der fahrenden Post.
Wegen des Hochwassers in diesem Bereich benutzte die Postkutsche im Winter den Weg über die Osenberge bei Sandkrug.
Gerade um die Punken Brake ranken sich mehrere Unglücksfälle
Der Holler Pastor Gans (1701 – 1722) hat einige Fälle aufgezeichnet:
Zitat: „Der Postillon, welcher von Oldenburg nach Delmenhorst geritten war, ist in der Nacht vom 21. Auf den 22. May 1718 in der Brake ertrunken.“
Ein weiterer trauriger Fall: Zitat: „Anno 1718 den 23. Septembris ist Christoph Meine
hier begraben, welcher Reitknecht bey Ihrer Hochfürstl. Durchlaucht von Anhalt gewesen und in der gefährlichen Brake ertrunken ist, nämlich den 21. Sept. um 10.00 Uhr, als er von Oldenburg nach Delmenhorst reiten wollte“.
Weitere Unglücksfälle ereigneten sich in den Jahren 1730 und 1731 in dem Menschen
in der Brake ertranken. Eine Mitschuld trug auch der schmale sandige Weg, der an der
Brake vorbei führte.
Erst im Oktober 1732 wurde der Uferbereich der Punken Brake auf „Königliche
Regierungsordre“ mit 12 Pfählen und „Scherholz“ eingefriedet, um „ferner Unheil zu vermeiden“.
Danach hatte man von größeren Unglücken an der Punken Brake nichts mehr gehört.
Um 1960 wurden die langen Nutzflächen (sog. Bauen), die von der Holler Landstraße in Oberhausen bis z. T. über die Grummersorter Dorfstraße reichten, im Bereich der Entwässerungsgräben von Strauchwerk (z. B. Erlen – gesäubert).
Bei diesen Meliorationsarbeiten (lat. = Ackerbodenverbesserung) warf man diese Sträucher mit dem Wurzelwerk in die Brake um anschließend die Vertiefung mit Erde
zu überdecken.
Der „Vogtsweg“ war nach der Gründung der Gemeinde Wüsting im Jahr 1948 teilweise
mit Pappelbäumen bepflanzt.
Der Wüstinger Straßenwärter Wilhelm Zech kümmerte sich um die Anpflanzung.
Er stammte aus Schlesien und war dort bereits zum Straßenwärter ausgebildet worden.
Diese Baumart war damals sehr billig zu bekommen und so kam es, dass Straßenwärter
Zech um 1950 die Holler Landstraße und eben auch den „Vogstweg“ mit diesen Bäumen
bepflanzte.
Da dieser Baum sehr schnell wuchs, musste er auch immer wieder zurückgeschnitten werden. Sog. Totholz und in die Fahrbahn hinein hängende Äste bildeten eine Gefahr für den Straßenverkehr.
So entschloss sich das Straßenbauamt in Oldenburg die Pappelbäume nach und nach zu entfernen. Dies geschah in den Wintermonaten von 1995 – 1997.
Das Pappelholz war im Grunde für die industrielle Möbelherstellung nicht zu gebrauchen.
Dies galt nicht für die Firma Oeltjen aus Hundsmühlen. Sie war der große Abnehmer dieses Pappelholzes. Sie fertigte daraus Holzschuhe und belieferte damals Kunden im ganzen Bundesgebiet.
Diese Teilstrecke hat vermutlich erst nach dem 1. Weltkrieg eine Klinkerpflasterung erhalten. Die Straßendecke wurde wegen des Regenwasserabflusses mittig in gewölbter Form angelegt.
Diese Bauweise hat sich bei zu nehmenden Straßenverkehr als gefährlich – gerade in den
Wintermonaten- erwiesen. Hier gab es am Straßenrand erhebliche Vertiefungen.
1988 entschloss sich daher das Straßenbauamt Oldenburg die Straße mit einer Asphalt-
decke – und einer gewissen Neigung- zu überziehen. Diese Arbeit wurde durch eigene
Arbeitskräfte durchgeführt.
Die entsprechenden Maschinen lieh man sich von der Firma Teerbau. Es sollten ja keine großen Kosten entstehen. Für den Straßenbau waren damals wie heute öffentliche Gelder aus dem Staatshaushalt knapp bemessen.
Im Laufe der Jahre zerschliss die Fahrbahndecke immer mehr durch den LKW-Verkehr. Für Radfahrer und Fußgänger war dieser Streckenabschnitt unzumutbar.
2003 baute die Nds. Landesbehörde für Straßenbau im Bereich des „Vogtsweges“
Hauptstraße ( Kreisstraße 348) einen separaten Radweg.
Er wurde östlich der Straße hinter einem Seitengraben angelegt.
Die Baumaßnahme begann im Juli 2003 und war gegen Ende September im gleichen Jahr beendet. Ein großer Gefahrenpunkt für Radfahrer war damit beseitigt.
Inzwischen entwickelte sich die Fahrbahndecke diesen Bereich in eine chaotische Schlaglochstrecke
Dieser Zustand führte endlich dazu, die Fahrbahndecke komplett abzutragen und eine
Auskofferung des Untergrundes bis zu 1,60 m Tiefe vorzunehmen. Eine völlig richtige
Entscheidung. Die alten Klinkersteine wurden entsprechend wieder verwendet.
Baubeginn dieser Maßnahme war der 3. 5. 2011, sie dauerte bis Ende Juli 2011
Es bleibt nur zu hoffen, dass diese z. Z. robuste Fahrbahndecke noch lange
diesen Zustand beibehalten möge.
Ein immer noch großer Gefahrenpunkt der Hauptstraße ist das leidige Thema
Bahnübergang. Seit 10 Jahren bemüht sich überwiegend der Bürgerverein u.a. auch mit anderen Gremien eine sichere und gefahrlose Lösung hinsichtlich dieses engen Überganges für Radfahrer und Fußgänger herbeizuführen.
Leider mauert seit dieser Zeit die Deutsche Bahn und ist an der Beseitigung dieser großen Gefahrenquelle überhaupt nicht interessiert
Die Wiedereröffnung des Haltepunktes Wüsting hat 30 Jahre gedauert. Wahrscheinlich
müssen wir uns für die Einrichtung eines seperaten Überganges für Radfahrer und
Fußgänger auch auf den gleichen Zeitraum einstellen.
Bericht: Siegfried Hoffmann
Herzlichen Dank für die freundliche Unterstützung an
Harry Heinemann, Holler Neuenwege
Werner Haferkamp, Altmnoorhausen
Literaturnachweise:
„Das Wüstenland“, von Dr. H. Munderloh 1981
- Seite 77 – 80
Aufzeichnungen aus eigenem Archiv
Bildnachweise:
Dr. Munderloh – 2
aus eigenem Archiv :